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Fenris
von David Gaider
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Die Jäger waren wieder hinter ihm her.

Um die Wahrheit zu sagen, er wusste es schon seit Tagen. Er hatte es in den Augen des Wirtes gesehen, wie der dicke Mann schuldbewusst wegschaute und sich weigerte, seinen Blick zu erwidern. Er hatte es in dem mitleidigen Blick der Hure gesehen, die an der Ecke stand, und der Art, wie sie es mit einem Lächeln zu verstecken suchte. Die Stammkunden, in dieser dreckigen Taverne, in der er seine Mahlzeiten kaufte, wurden still, als er eintrat. Es war nicht das unbehagliche Schweigen der menschlichen Stadtbewohner, die mit einem fremden, mit komischen Zeichnungen auf der Haut versehenem, und einem großen Schwert auf dem Rücken tragenden, Elf konfrontiert wurden. Vielmehr war es das Schweigen von Männern, die genau wussten, dass gerade Ärger durch die Tür gekommen war und die ihr Bestes gaben, um so zu tun, als würde dieser Ärger nicht existieren. Fenris kannte den Unterschied sehr gut.

Er war faul gewesen. Trotz der Tatsache, dass er es gewusst hatte, gab es einen Teil in ihm der sich weigerte, es zuzugeben. Er hoffte, entgegen jeder Wahrscheinlichkeit, dass er falsch lag. Dass die Anzeichen einfach nur das Ergebnis der Paranoia eines Flüchtigen waren. Sein Aufenthalt in den letzten drei Städten war länger und länger gewesen. Sein Bemühen, die markanten Markierungen auf seiner Haut zu verdecken, ließen mehr und mehr nach, bis es fast nicht mehr vorhanden war. Er sagte sich selbst, dass es eine Herausforderung war. Lass sie kommen. Lass sie versuchen, ihn zurück zu bringen, wenn sie es wagen. Tief im Inneren jedoch fragte er sich, ob er der Jagd nicht müde geworden war.

Jetzt war es an der Zeit. Er hatte seine wenigen, dürftigen Habseligkeiten aus dem Zimmer in der Herberge zusammengeklaubt und sprang aus dem Fenster. Es führte zu einer dunklen Gasse im Hintergrund, mit genügend Vorsprüngen, unter denen ein schneller Abstieg leicht möglich war. Deshalb hatte Fenris das Zimmer, nach einer Inspektion ausgesucht, in der der Wirt ihn besorgt angestarrt hatte. Er fragte sich, wie lange es dauern würde, bis der fette Mann aus Neugier oder aufgrund ausbleibender Zahlungen bemerken würde, dass Fenris verschwunden war. Eine Woche, vielleicht weniger, falls der Schankwirt derjenige war der ihn verkauft hatte.

In der Gasse war nichts außer ein paar einsamen Ratten und einem elfischen Herumtreiber, der schlafend an einem Müllhaufen lehnte. Fenris blieb stehen und blickte angewidert auf dem Mann herab. Er dachte mehr als einmal daran, sich unter andere Elfen zu mischen, seit er aus dem Imperium entkam. In einem Land, in dem Elfen frei waren, würde einer mehr doch nicht auffallen? Er wäre ein Dummkopf gewesen, das ist sicher. Woher hätte er wissen sollen, dass so viele seiner Leute ihre Freiheit damit vergeuden, wie verängstigtes Vieh zu leben? Wenn seine einzige Wahl darin bestand, sich kleinlaut zu geben, so wie es die Städter von „ihren“ Elfen erwarten, durch die Wildnis zu rennen, um die wandernden Klans zu finden, die im Dreck und den Resten dessen wühlen, was die menschlichen Königreiche ihnen übrig lassen oder zu kämpfen … dann war seine Wahl klar. Der Landstreicher erwachte, als Fenris das Großschwert von seinem Rücken zog. Der Elf quiekte in plötzlichem Entsetzen, aber Fenris ignorierte ihn. Jetzt werden andere kommen, getarnt in den Schatten der Gasse - mindestens zwei auf jeder Seite und… einer über ihm? Er lauschte, und hörte auch das leiseste Kratzen auf den Lehmziegeln weit über sich. Ja, zweifellos ein Armbrustschütze. Sie dachten sie hätten ihn festgenagelt.

Fenris stürzte auf das Ende der Gasse zu, welches von der Hauptstraße abzweigte. Hier führte sie in ein Labyrinth aus verwinkelten Hinterhöfen, Abwasserkanälen und aufgehängten Wäscheleinen … wo es auch dunkler sein würde, leichter für ihn, sich zu bewegen, ohne die Stadtwache zu alarmieren. Warum die Jäger nie versuchten, die Wache zu bestechen, um bei ihrer Jagd zu helfen, konnte er nicht sagen. Ungeachtet dessen, hatte er schlechte Erfahrungen mit den Wachen einer anderen Stadt gemacht. Sie behinderten seine Bemühungen zu fliehen, genauso wie die Bemühungen der Jäger ihn zu fangen. Es war das Risiko nicht wert.

Der Landstreicher schrie vor Angst und rappelte sich betrunken auf, aber Fenris war schon lange an ihm vorbei. Zwei große Gestalten tauchten auf, kaum zu erkennen, aber schneller werdend, als sie erkannten, das ihre Beute die Falle gewittert hatte. Fenris erhaschte einen Blick auf einen Kastanienbaum. Danach auf die Tevinter-Soldaten. Gut, das würde es leichter machen. Nicht, dass er Söldner genauso leicht hätte töten können, aber es wäre weniger zufriedenstellend gewesen,, als Hunde wie diese abzuschlachten. Ein breiter Bogen seiner Klinge schlug den ersten Jäger zur Seite, als er parierte. Der Zweite stürzte nach vorn, auf eine offene Deckung hoffend, wurde aber direkt von Fenris' Faust getroffen. Die Zeichen auf seiner Haut begannen hell zu leuchten. Das Lyrium darin lies die Magie durch sein Fleisch kriechen, wodurch seine Faust direkt durch den Helm, in das Gesicht des Angreifers schlug. Der Mann taumelte beiseite, gelähmt vor Entsetzen.

Sie wurden als nicht gewarnt. Narren.

Die Lyrium-Markierungen leuchteten wieder auf, als Fenris seine Faust ballte. Der Jäger schreckte zurück, Blut sprudelte aus seinem Mund und den Ohren. Mittlerweile hatte sich der erste Angreifer sich wieder erholt und schwang seine Klinge. Fenris schleuderte den Zweiten zielsicher an seinem Kopf herum und warf ihn direkt in den Laufbahn des Hiebes. Das Schwert schnitt sich tief in die Schulter des Mannes und mit einem Tritt lies er beide in eine Ziegelmauer fliegen. Seine Faust war von dunkelrotem Blut bedeckt.

Er wäre eigentlich geblieben um ihnen den Rest zu geben, aber die anderen Jäger waren vorbereitet. Ein Armbrustbolzen flog an seinem Kopf vorbei, so knapp, dass eines seiner Ohren fast eine Kerbe bekommen hätte. Er hörte die bestiefelten Füße mehrerer Soldaten in seine Richtung kommen. Er rannte in die Gasse, sprang über den Jäger hinweg, der sich unter seinem toten Kammeraden hervorkämpfte und beschleunigte in Richtung des Dickichts. Dunkle Türen zogen an ihm vorbei während er rannte. Er riss Wäscheleinen ab und lies Fässer umstürzen, als Hindernisse für seine Verfolger. Sie hatten definitiv die Verfolgung aufgenommen. Er hörte sie auf Tevene fluchen und der Armbrustschütze über ihm brachte sich in Position.

Durch das erste Paar offene Fensterläden die er sah, sprang Fenris hindurch. Er landete in einer Küche, erfüllt von dem Duft von gebackenem Brot und einer menschlichen Frau die schrie, als er vor ihren Füßen landete. Zweifellos, war der Anblick eines Elfen in hautenger Rüstung, ein Schwert, so groß wie er selbst auf dem Rückend tragend, kein willkommener Anblick. Er stand auf und bemerkte die überraschend anmutige Frau, welche sich, nur mit einem Nachthemd bekleidet, das zweifellos mehr von ihr offenbarte, als sie erwartet hätte, gegen eine Wand presste.

Er grinste sie an, woraufhin sie wieder begann, zu schreien. Also schnappte er sich einen frisch gebackenen Laib Brot und rannte zur Vordertür der Hütte. In diesem Moment klettere bereits ein Soldat durch das Fenster, weshalb die Frau wieder schrie und ohnmächtig zusammen brach. Die anderen würden um das Haus herum zur Vorderseite laufen. Er musst also raus bevor …

... er stoppte abrupt. Er kannte den Mann der im Eingang stand: kastanienbrauner Mantel und tiefschwarzes Haar, dass die seelenlosen Augen leicht verdeckte. Ganz zu schweigen von der Narbe an seinem Hals, die Fenris dort hinterlassen hatte. Verdammte Heiltränke und üble Magie. Warum konnte niemand tot bleiben?

„Avanna, Fenris, Schön dich wiederzusehen.“ schnurrte die kühle Stimme des Jägers, während er seine Armbrust hob und auf Fenris Brust zielte. Der Eine vom Dach also. Klug.

„In Anbetracht dessen, was das letzte Mal passierte, bin ich überrascht, dass du dich entschieden hast, es noch einmal zu versuchen“.

„Es ist nicht mehr nur wegen der Münzen, Sklave“.

Oh wie Fenris es liebte, wenn sie das sagen. „Keine Angst, dass du deinen Kopf für immer verlieren wirst?“

„Nicht wenn wir dich diesmal kriegen. Du bist nachlässig geworden. Zeit dich selbst aufzugeben.“ Der andere Jäger hatte es durch das Fenster geschafft und es waren weitere auf der Straße zu hören. Er hatte vermutlich nur zwei Möglichkeiten: Aufgeben und darauf hoffen, dass sich später eine Gelegenheit zur Flucht bietet… oder sein Glück herauszufordern.

Es war nicht wirklich eine Entscheidung. Er packte den Griff seiner Klinge fester und lächelte den Jäger langsam und tödlich an.

“Vishante kaffar,” zischte er. Und griff an.

Anmerkungen[]

Die Kurzgeschichte wurde als eine von mehreren Begleiter - Geschichten im Jahr 2013 ausschließlich auf Englisch veröffentlicht und kann mittlerweile nicht mehr online aufgerufen werden. Das Original könnt ihr allerdings im Englischen Partnerwiki hier lesen. Der geschriebene Text ist ins Deutsche übersetzt worden und stellt keine offizielle Version dar.

Es gibt außerdem eine animierte Version der Kurzgeschichte, mit Fenris' englischem Originalsprecher Gideon Emery:

Fenris_-_A_Machinima_Adaptation_of_"A_Short_Story"_by_David_Gaider

Fenris - A Machinima Adaptation of "A Short Story" by David Gaider


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